Auf ein Wort, Tim

Auf ein Wort, Tim
Photo by Sander Weeteling / Unsplash

Eine Konversation, die zum Nachdenken anregen wird.

Du willst also zurück in die Welt, von der du mir erzählt hast, dass du sie nicht länger erträgst? Warst du es nicht, der gesagt hat, wie sinnlos dieses Leben ist?

Morgens um 07:00 Uhr aus dem Haus.

Abends um 19:00 Uhr nach Hause kommen.

Abendessen rein schlingen.

1 Stunde mit den Kindern.

1 Stunde von 24 am Tag.

Aber es gibt ja noch das Wochenende, sagst du.

Ich weiß nicht wie es bei dir läuft - aber so lief es bei mir früher immer.

Samstagmorgens aufstehen, frühstücken, mit allen anderen in den Supermarkt sprinten, genervt an der Kasse stehen.

200 € ausgegeben, was früher einmal 100 € waren.

Und dann?

Das Haus putzen. Alles, was unter der Woche liegen geblieben ist.

Und im Sommer gibt es auch noch einen Garten.

Also ist der Samstag verplant.

Wieder keine Zeit für dich.

Wieder keine Zeit für deine Kinder

Wieder keine Zeit für deine Frau.

Wieder keine Zeit zum Leben.

Aber Samstagabend kannst du wenigstens die Sportschau schauen.

Bleibt ja noch der Sonntag.

Zum Familienessen bei den Schwiegereltern. Wieder einmal. Weil auch sie ja schließlich ihre Enkel einmal die Woche sehen sollen.

Dann begnügst du dich eben mit sinnlosen Gesprächen, was du in der Meinung deines Schwiegervaters alles falsch machst und freust dich abends auf den Tatort.

Wo ist das Wochenende nur hin?

Wo ist das Leben nur hin?

Bleibt ja noch der Urlaub.

6 Wochen im Jahr ab in die Ferne.

Dann, wenn alle anderen Familien auch Urlaub haben.

4 Stunden anstehen am Flughafen bei der Passkontrolle. Pauschaltourismus.

Aber wenigstens ans Meer.

Das Meer deiner Tränen tröstest du durch den einen oder anderen Caipirinha abends an der Hotelbar.

Du hast ja noch sowas wie eine Ehe. Eine Frau, die du mal geheiratet hast, der du ein besseres Leben versprochen hast.

Hart arbeiten wolltest du.

Und das tust du.

Aber macht es dich glücklich?

Das kannst wohl nur du selbst entscheiden, Tim. Ich will dir nicht ins Leben reden aber mir hast du von ganz anderen Dingen erzählt.

Davon, dass du frei sein möchtest und was Freiheit für dich bedeutet.

Träumtest davon deine Zeit frei einteilen zu können. Deine Kinder sogar aufwachsen zu sehen. Sie nicht von morgens bis Spätnachmittags in die Betreuung zu geben.

Gemeinsam frühstücken können. Ihnen Werte vermitteln können, die sie wirklich weiter bringen im Leben.

Und eben nicht, dass sie denselben Fehler wie du machen: Sich erzählen, es sei nicht anders möglich.

Man müsse eben so leben.

Was sind wir nicht für Narren, die genau wissen, was mit ihnen geschieht.

Nur ändern, ändern Tim, kannst nur du selbst es.

Heute stehen uns alle Türen offen und wenn nicht die Angst wäre... ja die Angst wovor eigentlich?

Zu verhungern?

Nicht genügend zu haben?

Was die anderen Denken?

Was die Familie sagt?

Den Lebenslauf ruiniert?

Heute haben wir so viele Möglichkeiten wie noch nie Geld zu verdienen, Tim.

Du weißt es, denn du hast so viel darüber recherchiert. Erzähltest mir von Bitcoin und anderen Möglichkeiten.

Ich fügte hinzu, dass wir in der Creator Economy leben und deine Geschichte es wert ist, erzählt zu werden.

Ich weiß es, denn ich betreibe eine Agentur, die genau das tut: die Geschichte von Menschen erzählen, die eine außergewöhnliche Geschichte haben.

Außgergewöhnlich deshalb, weil es ihre eigene ist. Sie ist einzigartig. Und das bist du ganz genauso.

Und mit deinen Erlebnissen, dem, was dich ausmacht, kannst du ein großer Beitrag für andere Menschen sein.

Aber das musst du dir erlauben.

Du kannst heute als Freelancer leben und vielleicht nicht den ganzen Tag am Laptop am Strand abhängen.

Weil du wirklich nichts siehst im Sonnenlicht.

Aber du kannst 4 oder 5 Stunden arbeiten am Tag. Von zu Hause aus oder wo auch immer du willst. Größtenteils zu deiner Zeit oder zumindest, nur bis am frühen Nachmittag.

Damit wirst du noch immer locker das verdienen, was du in dem ungeliebten Job verdienst, der dir die gesamte Lebensenergie raubt.

Denn du bist Energie, Tim.

Und für das System in dem du wählst zu sein, weil du glaubst keine Wahl zu haben, ist diese deine Lebensenergie alles, was zählt.

Wann wirst du es ändern, Tim?

Wenn du alt bist? Sagst du dir - nur noch 20 Jahre, dann gehe ich in Rente?

Es ist gefährlich älter zu werden. Das Alter lullt uns ein.

Macht uns nicht nur körperlich gebrechlich, sondern die Wunden die wir mental angesammelt haben, gegen die die meisten von uns nie etwas unternommen haben, brechen unter der Oberfläche auf.

Willst du dir das wirklich antun, Tim?

Wirklich selbst erzählen du hättest keine andere Wahl?

Denn das stimmt nicht. Egal an was du glaubst, egal in welcher Situation du dich befindest:

Eines wird dir niemals jemand nehmen können: Deine Wahl.

Es mag hart sein, das zu hören. Schließlich hast du den Großteil deines Lebens damit verbracht dir einzureden, du hättest keine Wahl.

Schließlich waren deine Eltern, wie sie nun mal zu dir waren.

Die Schule hat dich geprägt.

Dein Umfeld dich verändert.

Und seit du Kinder hast, trägst du Verantwortung.

Doch, welche Verantwortung hast du wirklich gegenüber deinen Kindern?

Ihnen vorzuleben sich kaputt zu arbeiten sei es wert?

Das schöne Haus zu besitzen, dass du insgeheim jeden Tag verfluchst?

Was ist mit dir geschehen Tim? Was hat dich wieder eingelullt an einen Traum zu glauben, den du längst ausgeträumt hast?

Oder brauchst du noch eine weitere Runde?

Ist es so, dass wir so viele Runden benötigen, bis wir endlich erkennen?

Brauchen wir so lange auf die Fresse von allen Seiten, bis wir nicht mehr anders können?

Gibt es deshalb so viele schwere Krankheiten?

Wovon die meisten von ihnen dennoch ihre Wirkung verfehlen.

Der Mensch hat nie gelernt die Sprache seiner Seele durch seinen Körper zu lernen.

Oder besser gesagt: Es wurde ihm abtrainiert.

Also wie steht es mit dir, Tim? Welcher Mensch, welcher Ehemann und Vater willst du sein?

Du könntest das Ruder noch herumreißen. Doch noch eine andere Entscheidung treffen. Behaupten, du hättest eine spontane Eingebung gehabt.

Und alles auf den Kopf stellen. Denn eines weiß ich sicher: So sehr kann man das Leben gar nicht auf den Kopf stellen, als das etwas Schlechtes wäre, aus dem Wahnsinn namens Alltagsleben auszusteigen.

So verrückt es auch sein mag, so kurvenreich und herausfordernd der Weg in den letzten 10 Jahren auch gewesen sei - ich könnte heute nie mehr zurück in den Wahnsinn, den man heute gemeinhin als Leben bezeichnet.

Und ich wünsche dir von Herzen, nicht weil ich meine etwas besser zu wissen als du, Tim, dass du dies auch eines Tages behaupten kannst.

Denn ich habe noch nie einen Menschen getroffen der sich frei gemacht und es im Nachhinein bereut hat.

Das Einzige, was nahezu alle Menschen eint, die sich befreit haben ist, dass sie es nicht schon früher getan haben.

Der beste Zeitpunkt ist jetzt, Tim.

Diese Geschichte erzählt eine nie dagewesene Konversation zwischen mir und Tim. Jemandem der mir seine Geschichte erzählte und der sich wohl dem Druck von Außen beugend, so scheint es, gegen sich und für die Rückkehr in ein System entschieden hat, was ihn krank macht.

Ich maße mir nicht an zu wissen, was das beste für ihn ist. Diese Zeiten sind vorbei. Aber ich rieche Unglück noch immer drei Kilometer gegen den Wind. Ich wünsche ihm alles Gute und vor allem allen Leserinnen und Lesern, dass sie die Botschaft dieser Konversation tief in ihrem Herzen verankern.

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